Papierklauber und Erzherzöge
Inmitten der idyllischen Rennbahnteichlandschaft stand hier ein strohgedeckter Holzpavillon, von dem aus man das bunte Treiben rund um die Tribünen beobachten konnte. Ob ankommende Gäste, Rennteams oder die Bediensteten des Rennbahnareals, hier war man mitten im Geschehen.
An diesem Ort stand ein strohgedeckter Holzpavillon, der eine gute Sicht auf das Treiben rund um die Tribünen bot. Hier konnte man die Mitglieder des Kaiserhauses beobachten, wie sie ihren damals sensationell modernen Automobilen entstiegen oder die Jockeys in ihren bunten Dressen, wie sie ihre Pferde vorführten.
Nicht zu unterschätzen ist die Bedeutung von Erzherzog Otto für die Rennbahn von Kottingbrunn. Er war Neffe von Kaiser Franz Josef und Besitzer des benachbarten Schlosses von Schönau. Von dort hatte er durch eine Waldschneise einen direkten Blickkontakt zur Rennbahn von Kottingbrunn. Er führte dort nicht nur einen modernen Gutsbetrieb, sondern auch seinen Rennstall mit einigen erfolgreichen Rennpferden mit Namen wie „Hipp Hipp Hurray“ oder „Eh schon wissen“. Durch sein Engagement konnten hoch dotierte Rennen unter dem Ehrenschutz von Mitgliedern des Kaiserhauses abgehalten werden - ein Magnet für die hohe Gesellschaft.
Auch die Kottingbrunner Bevölkerung selbst profitierte vom Rennbetrieb. Sie verdienten sich als Wasserverkäufer, Garderobieren, Stallburschen, Rasenmäher, Blumenmädchen, Schuhputzer, Wagenaufseher und Papierlklauber ihr Geld. Nicht zuletzt konnte durch die Finanzierung des Jockey Clubs für Österreich ein neues Pfarrhaus, eine neue Schule und ein neuer Kindergarten errichtet werden. Der Jockey Club für Österreich führte „das kärgliche Kottingbrunner Völkchen“, wie es in einem zeitgenössischen Zeitungsartikel bezeichnet wird, zu einem gewissen Wohlstand und zu neuem Selbstbewusstsein.