Galopp- und Hindernisrennbahn

Galopp- und Hindernisrennbahn

©Marktgemeinde Kottingbrunn

Ganz unvermutet findet man im Schlosspark auch Ruinen von einer der modernsten Rennbahnanlagen der Monarchie. Die Galopp- und Hindernisrennbahn war von 1896 bis 1914 in Betrieb und rückte Kottingbrunn jeden Sommer in den Mittelpunkt der internationalen Pferdesportwelt.

Die vom Jockey Club für Österreich errichtete Galopp- und Hindernisrennbahn war zwischen 1896 und 1914 in Betrieb und galt als eine der modernsten ihrer Zeit. Insgesamt fanden in diesen Jahren an mehr als 200 Renntagen über 1.400 Rennen statt. Der Brand 1915 und das Ende der Monarchie führten schließlich zum Verfall der Rennbahn. 

Im Jahr 1894 erwarb der Jockey Club für Österreich das Schloss Kottingbrunn mit dem dazugehörigen Schlosspark, um hier eine Galopp- und Hindernisrennbahn zu errichten. Für das Areal in Kottingbrunn sprach die unmittelbare Nähe zur Südbahn. Diese war notwendig um das Publikum, aber auch den gesamten Rennzirkus zu transportieren. Der Wiener Neustädter Kanal, der direkt am Rennbahnareal vorbeifließt, konnte zur Bewässerung der riesigen Rasenflächen genutzt werden. Das Wasserschloss selbst und seine Nebengebäude waren ideal, um Stallungen und das Renndirektorium des Jockey Clubs unterzubringen. Nicht zuletzt überzeugte der schöne Schlosspark mit seinem Altbaumbestand und den schönen Ausblicken in die Umgebung. Das gesamte, riesige Areal erstreckte sich über den Schlosspark hinaus bis hin zur heutigen Bundesstraße B 17 (Triester Straße) sowie der B 18 (Hainfelder Straße). 

Knapp zwei Jahre dauerte die Errichtung dieser Rennbahn mit seinen nach gesellschaftlichen Klassen getrennten Tribünen, einem Restaurant, das vom Hotel Sacher im Helenental geführt wurde, einem Pavillon und sonstigen komfortablen Einrichtungen für das Publikum. Für den Rennbetrieb wurde vor der Eröffnung das gesamte Geläuf mit einer etwa 30 cm starken Humusschicht bedeckt, bevor der Rasen gepflanzt werden konnte. Das Bewässern der riesigen Rasenflächen erfolgte über kilometerlange Eisenrohre, die über das noch erhaltene Pumpwerkgebäude mit Wasser aus dem Wiener Neustädter Kanal befüllt wurden. Im Gebäude des Pumpwerks selbst waren die Renndirektion und eine Schmiede untergebracht. Mehrere Stallungen wurden für den Rennbetrieb errichtet, konnten in Kottingbrunn doch bis zu 200 Pferde gleichzeitig untergebracht werden. 

1896 wurde die Anlage unter reger Anteilnahme der Bevölkerung – über 5000 Besucher waren am Eröffnungstag in Kottingbrunn anwesend – seiner Bestimmung übergeben. In den folgenden Jahren konnten insgesamt mehr als 200 Renntage veranstaltet werden. Diese konzentrierten sich auf die Offiziersrennen im Mai, die unter dem Ehrenschutz von Mitgliedern des Kaiserhauses standen, und dem Sommermeeting, einem weiteren Höhepunkt der Rennsaison. In der Zeit zwischen diesen Rennen wurden die Anlagen als Trainingsplätze genutzt. 

Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges konnten keine Rennen mehr abgehalten werden. Ein Jahr darauf 1915 brannte die Tribünenanlage, die bis auf die Fundamente komplett aus Holz errichtet worden war, bei Renovierungsarbeiten völlig ab. In den folgenden Jahren war zwar geplant, den Rennbetrieb wieder aufzunehmen, jedoch machten die Kriegshandlungen und schließlich das Ende der Monarchie diesen Plänen einen Strich durch die Rechnung. Nichtsdestotrotz wurde das Areal bis 1932 durchgehend als Gestütsbetrieb weitergeführt. In den 1920er Jahren fanden auch wieder Rennen statt, das sogenannte „Bauernreiten“, das von der Kottingbrunner Feuerwehr organisiert wurde. 1933 verkaufte der Jockey Club seinen Besitz, wodurch das Ende aller Pläne für die Rennbahn besiegelt war. 

Heute sehen wir nur noch die Stallungen, Ruinen der Tribünenfundamente, die Rennbahnteiche und ein gutes Stück des abfallenden Geläufes, das in den 1930er Jahren parzelliert und bis heute für landwirtschaftliche Zwecke genutzt wird. 


Ein Tag auf der Rennbahn 
Jockeys und Trainer führten ein mondänes Leben. Sie fuhren in modernen Automobilen vor und wohnten bevorzugt in den besseren Hotels in Bad Vöslau. Aber es war auch ein hartes Leben. Täglich wurde gleich nach Tagesanbruch mit dem Training begonnen. Lebensgefahr stand für Mensch und Tier auf der Tagesordnung. Nach Stürzen gab man verletzten Pferden keine Chance. Sie wurden direkt auf der Rennbahn erschossen. 

Die Pferde wurden mit der Eisenbahn von Rennplatz zu Rennplatz befördert. Für Kottingbrunn war Leobersdorf die Ladestation für Rennpferde. Alles wurde minutiös über die Renndirektion organisiert. Jeder Rennstall musste sich rechtzeitig für die Anzahl der Boxen, die er benötigte, für Futter, Tierarztbedarf und die Termine des Trainingsalltages sowie die Renntage anmelden. Die Renndirektion war im Pumpwerk untergebracht, wo sich auch eine Schmiede befand – für das Beschlagen der Rennpferde eine unerlässliche Einrichtung. 

Das Mähen der Rasenflächen erfolgte mit großen Spindelmähern, die üblicherweise von Pferden gezogen wurden. Üblich war auch das Bespritzen der Fahrwege, um eine allzu große Staubentwicklung zu vermeiden.