Kapelle zum Hl. Nikolaus

Über den Schlossinnenhof zugänglich ist das kleine kunsthistorische Juwel: die hochbarock ausgestattete Schlosskapelle ist dem Hl. Nikolaus geweiht. Das heutige Aussehen stammt aus dem 14. Jahrhundert. Die Wände und die Decke des Kreuzgewölbes sind mit Stuckarbeiten und Fresken verziert. Der Hochaltar stammt aus dem Jahre 1690 und wurde unter Graf Leopold Josef von Lamberg und seiner Gemahlin Gräfin Katharina Elenora von Sprinzenstein erbaut.

Besichtigung
Um das historische Erscheinungsbild der Kapelle zu schützen, ist diese nicht jederzeit zugänglich. Nach Rücksprache kann die Kapelle gerne während der Amtszeiten Montag bis Freitag von 8 bis 12 Uhr bzw. während der Öffnungszeiten des Restaurants besichtigt werden. 

Kontakt
Schloß 4
2542 Kottingbrunn

Veronika Gradwohl
Telefon: +43 2252 76104 121
E-Mail: veronika.gradwohl@kottingbrunn.gv.at


Ein geschichtlicher Überblick 

In der Zeit des Marktgrafen Adalbert (1018 - 1055) wurde die Wasserburg Brunn Mitte des 11. Jahrhunderts errichtet. Diese in Holzbauweise erbaute Festung wurde nach der Schlacht an der Fischa, im Jahre 1146 von den Ungarn zerstört. Ob bereits damals in dem Holzbauwerk eine Kapelle vorhanden war, ist nicht bekannt. Herzog Heinrich II. ließ die Burg um das Jahr 1150 als Massivbau wieder errichten, wobei an der Südseite dieses Neubaus eine dem Hl. Nikolaus geweihte Kapelle eingerichtet wurde.

Die Burg wurde in den Jahren 1291 und 1295 bei der Revolte des österreichischen Adels gegen den Herzog Albrecht I. von den Habsburgern zerstört. Im Jahre 1327 kauften die Brüder Ulrich und Gaitmar, die Stuchse von Brunn, die Wasserburg um 181 Pfund "Wiener Pfennige". Unter ihrer Herrschaft wurde der Wirtschaftshof errichtet und eine neue Zufahrt geschaffen. So konnte die alte Zufahrt zum Hauptgebäude aufgelassen und zur Erweiterung des Haupthauses verbaut werden. Unter anderem wurde die bisher nach Osten orientierte Kapelle nach Süden wesentlich vergrößert und dazu eine Sakristei errichtet. 

Wann der Zubau errichtet wurde, blieb vorerst ein Rätsel:
Erst als es im Zuge der Renovierung der Kapelle im Sommer 1997 gelungen ist, das stark beschädigte Wappen unter den Oratorienfenstern als jenes der Häusler zu erkennen, konnte nach dem genauen Studium der Familiengeschichte der Stuchse von Brunn und der Urkunden aus den Jahren 1355, 1356, 1357 und 1365 festgestellt werden, dass der Umbau im Jahre 1364 erfolgte.

Warum in der Kapelle das Wappen der Häusler angebracht wurde, ist wie folgt zu erklären: Ulrich, der Stuchs von Brunn hatte Wentel, die Häuslerin zur Frau genommen. Wentel stammte aus einem Rittergeschlecht, war aber sehr begütert. Das Ehepaar hatte zwei Söhne, Hans I und Machart II. Nach der Urkunde vom 8. Jänner 1355 waren Ulrich und sein Bruder Gaitmar damals bereits verstorben. Wentel und ihre beiden Söhne wurden in der Urkunde vom 6. Dezember 1355 als Besitzer von Brunn genannt. Im Jahre 1356 ging Wentel eine Ehe mit Wolfger den Bayer ein. Wolfger muss aber schon zu Beginn des Jahres 1357 gestorben sein, denn in den Urkunden vom August und 11. November 1357 wird Hans I. als Herr von Brunn bezeichnet. Dem zur Folge muss auch damals sein Bruder Machart II. bereits tot gewesen sein. Die Urkunde vom 21. Januar 1365 besagt, dass Wentel die alleinige Besitzerin von Brunn war. Der Tod ihres Sohnes Hans I. wird im Stammbaum der Stuchse im Jahre 1364 angegeben.

In der Urkunde vom 21. Januar 1365 wird als Pfarrer in Brunn ein "Herr Paul" genannt. In diesem Dokument stiftet Wentel für die Pfarrkirche ein ewiges Licht und einen "Jahrtag nach Martini". An diesem Tag soll in der Kirche eine Hl. Messe gelesen werden. In einer weiteren Urkunde aus 1365 stiftet sie hundert Messen, die in der Schlosskapelle gelesen werden sollten, und zwar jedes Jahr eine, am Tag des Hl. Nikolaus. Folglich muss der Umbau der Kapelle im Jänner dieses Jahres bereits abgeschlossen worden sein, und da alle ihre Angehörigen nicht mehr lebten, blieb ihr gar keine andere Wahl als ihr altes Familienwappen - das der Häusler - nach dem Umbau in der Kapelle anzubringen. Bezahlt hat sie die Arbeiten aus ihrer Mitgift zu ihrer Ehe mit Ulrich IV.

Alle weiteren Wappenbilder in der Kapelle sind Allianzwappen von Familien, die zur wesentlichen Erhaltung und Gestaltung dieses Bauwerkes beigetragen haben. Auf der linken Seite unterhalb des Fensters befindet sich das Wappen der Kienburger und Kreuzer. Gandolf von Kienburg und seine Frau Cordula Kreuzerin haben die Burg und die Kapelle nach der Zerstörung durch die Ungarn in den Jahren 1508 und 1509 wiederaufgebaut. 

Das Bild über dem Eingang zur Sakristei zeigt das Wappen des Grafen Hans Franz von Lamberg und seiner Gemahlin Maria Konstantia von Questenberg mit der Inschrift "Renoviert 1665". Im Jahre 1661 kaufte Hans Franz von Lamberg Kottingbrunn, die Geldgeberin dazu war seine Gemahlin, die Gräfin von Questenberg. 

Schließlich befindet sich am Hochaltar das Allianzwappen des Grafen Leopold Josef von Lamberg und seiner Gemahlin der Gräfin Katharina Eleonora von Sprinzenstein mit der Jahreszahl 1690. Auch die Figuren beiderseits des Hochaltars zeigen das Grafenpaar, das nach dem Türkenkrieg von 1683 Schloss und Kapelle wiederaufgebaut und den Hochaltar errichtet hat. 

Oberhalb des Hochaltars befindet sich eine Statue des Hl. Nikolaus. Leopold Josef war von 1700 bis 1705 Gesandter in Rom. In dieser Zeit hat Katharina Eleonora den Wiederaufbau vollendet. Durch die Ansiedelung von Keramikern aus ihrer oberösterreichischen Heimat (Familie Wintersperger) und aus Mähren hat sie die durch den Türkenkrieg schwer verwüsteten Keramikwerkstätten in Wagram wieder in Schwung gebracht. Sie war nach Wentel Stuchs die zweite bedeutende Frau der Ortsgeschichte.

Nach dem zweiten Weltkrieg diente die Kapelle als Hühnerstall. Heinrich Jezek blieb es vorbehalten, Schloss und Kapelle vor dem endgültigen Verfall zu retten. Als die Gemeinde 1991 das Hauptgebäude erworben hat, war man zunächst der Meinung zusätzlich zur Restauration auch die Kapelle vermieten zu müssen. Bald erkannte man aber, dass der Schaden an diesem Kulturgut und an den Prunkräumen des 1. Stockes weit größer war als der Nutzen aus der Vermietung.

Schließlich wurde die Renovierung der Kapelle durch die Gemeinde unter Mithilfe einiger uneigennütziger Helfer zu einem guten vorläufigen Abschluss gebracht. Besonders hervorzuheben ist die Mitwirkung von Frau Eva Bonfert, die nicht nur das Altarbild und ein Deckengemälde geschaffen hat, sondern auch eine elektronische Orgel spendete. Das Altarbild zeigt die Hochzeit Mariens.