Wasserschloss
Aus einer ursprünglich mittelalterlichen Ritterburg mit Bergfried und Ringmauer wurde im Laufe der Jahrhunderte ein barockes Landschloss, dessen äußeres Erscheinungsbild sich bis heute kaum verändert hat.
DIE GESCHICHTE DES WASSERSCHLOSSES
Die ältesten uns bekannten baulichen Funde des Wasserschlosses stammen aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Ein bemerkenswertes Relikt dieser Epoche konnte im Bereich des Schlossmuseums freigelegt werden – ein romanisches Portal mit Blumenrosette.
Eine wesentliche Bedeutung für Kottingbrunn hatten die Brüder Ulrich und Gaitmar, die in zeitgenössischen Quellen „Stuchse von Brunn“ genannt werden. Unter ihrer Herrschaft Mitte des 14. Jahrhunderts wurde die Burg von Kottingbrunn erweitert. Die Witwe Ulrichs, Stuchsin von Brunn Wentel Häusler, war es auch, die ab 1365 in der im Untergeschoss des ehemaligen Bergfrieds (unbewohnter Hauptturm einer mittelalterlichen Burg) befindlichen Nikolauskapelle regelmäßig Messen stiftete.
Ab 1469 war Ruprecht Kreutzer Herr von Kottingbrunn. Unter ihm fanden massive Umbauten statt. Diese waren nach der Zerstörung der Burg durch die Ungarn unter Matthias Corvinus unumgänglich geworden. Einen historischen Hinweis darauf zeigt die an der hofseitigen Außenmauer angebrachte Sonnenuhr. Zu erkennen ist ein Bergfried mit Ringmauern, der gerade in Flammen steht und mit 1508 datiert ist. Um 1600 begann eine Phase der Erweiterung. Der Wirtschaftshof wurde aufgeschüttet und eine „Vorburg“ mit Stallungen, Remisen und Wirtschaftsräumen errichtet.
1661 erwarb die gräfliche Familie Lamberg die Herrschaft Kottingbrunn und läutete die kunsthistorisch bedeutendste Phase Kottingbrunns ein. In den folgenden Jahrzehnten entstand weitgehend das heutige Erscheinungsbild von Schloss und Kirche. Noch in den 1660er Jahren wurde die Schlosskapelle errichtet und durch die Familie Lamberg teilweise hochwertig ausgestattet. Die Zwiebeltürme, neue Fenster und Türen, ein großzügiger Stiegenaufgang, eine zeitgemäße Inneneinrichtung und der Uhrturm sind nur einige der Ausstattungselemente, die aus der alten „Burg von Kottingbrunn“ ein repräsentatives barockisiertes Landschloss formten. Nach 1744 folgten zahlreiche Besitzerwechsel, es fanden jedoch kaum wesentliche Änderungen an der Bausubstanz statt. Einzig die kleinen Zwiebelecktürme vor dem Schloss und verschiedene Gestaltungsmaßnahmen im Schlosspark wurden durchgeführt.
Von 1819 bis 1840 war Peter Ritter von Bohr Schlossbesitzer, der als genialer Geldfälscher in die Geschichte einging. Jahrelang dürfte er hochprofessionell gefälschte Guldenscheine in Umlauf gebracht haben. Im Zuge einer Kauftätigkeit seiner Gattin Mathilde wurde er schließlich als Urheber der bereits bekannten Fälschungen ausfindig gemacht und verstarb daraufhin in Kerkerhaft. Als einziger Schlossbesitzer Kottingbrunns wurde er am Ortsfriedhof bestattet, die Grabstelle ist allerdings nicht mehr bekannt.
Ab 1894 war der Jockey Club von Österreich Eigentümer der Kottingbrunner Herrschaft. Bis 1933 wurde das Rennbahnareal als Gestüt genutzt, danach kam das Schloss in Privatbesitz.
1991 kaufte schließlich die Marktgemeinde Kottingbrunn das Wasserschloss samt einigen Nebengebäuden und setzte die Renovierung, die bereits von den Vorbesitzern begonnen wurde, fort. In den Jahren 1991 und 2010 entwickelte sich das Wasserschloss durch Sanierungsmaßnahmen, die von der Gemeinde mit finanzieller Hilfe des Landes NÖ durchgeführt wurden, zu einem sehenswerten Gebäudekomplex. Im Jahr 2018 erfolgte die Renovierung des Markowetztraktes, sowie die Neuerrichtung des ehemaligen Verbindungstraktes zwischen Markowetztrakt und Kulturwerkstatt und die Neugestaltung des Schlosshofes.
Zeittafel
1002 |
Heinrich I. von Babenberg erhält von König Heinrich II. (Geschlecht der Ottonen) Güter zwischen Kamp und March, sowie zwischen der Liesing und der Triesting zum Lehen. |
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ca. 1050 |
Stiftung „Festes Haus zu Prunn“ durch Markgraf Adalbert zur Sicherung der Gainfarner Bucht. Der jetzige Schlossteich war damals ein kleiner See inmitten eines Sumpfgebietes. Errichtung der Burg auf einer künstlichen Insel im See in Holzbauweise. |
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1114 |
Erste schriftliche Erwähnung von „Prunn“ im Klosterneuburger Salbuch („Anselmus de Prunne“). Da in dem Dokument auch Tattendorf und Leesdorf genannt werden, ist anzunehmen, dass es sich hier um Kottingbrunn handelt. (Es gibt allein in Niederösterreich mehr als 20 Ortsnamen, die auf „Brunn“ lauten |
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1150 |
Umbau in eine Mauerburg |
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1327 |
Ulrich und Gaitmar, die „Stuchse von Prunn“, kaufen die Burg um 43.400 Wiener Pfennige (entspricht 86,85 kg Silber) in vermutlich desolatem Zustand vom Ministerialgeschlecht der Prunner. Ulrich heiratet Wentel, geb. Häusler, aus niederem Adel stammend, aber sehr wohlhabend. Mit ihren Mitteln kann er die Burg wiederaufbauen, den Besitz vergrößern und Wirtschaftsgebäude neu errichten. Diese werden wie die Burg auf einer künstlichen Insel auf Holzpiloten gebaut. Es entsteht auch eine neue Zufahrt durch den Torturm über eine Zugbrücke. Durch den Ausbau wird ein kasernenartiger Fluchtort für die Bewohner geschaffen. |
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1365 |
Erster schriftlicher Nachweis der Existenz der Schlosskapelle |
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1369 |
Tod von Wentel Stuchs. Da keine Erben vorhanden sind (die beiden Söhne Hans und Marchart sterben früh) verfügt sie, dass ihr Erbe an die Hauptlinie der Stuchse, an Albrecht III. von Trautmannsdorf fallen soll, unter Auflage eines Verkaufsverbotes, er hält sich nicht an diese Verfügung und verkauft an Albert von Pottendorf. |
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1469 |
Georg von Pottendorf verkauft Kottingbrunn an Rupert Kreutzer, Pfleger der Herrschaft Rauhenstein, einem Günstling Kaiser Friederichs III., in dessen Kriegen mit dem Ungarnkönig Matthias Corvinius das ganze Wiener Becken und auch Kottingbrunn schwer in Mitleidenschaft gezogen werden. |
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1508 |
Wahrscheinlich Fertigstellung des Wiederaufbaues nach den Zerstörungen der Ungarnkriege. Der Stich von Georg Matthäus Vischer aus 1672 zeigt das damalige Aussehen der Burg. Aus dieser Zeit stammt auch das Doppelwappen im inneren Schlosshof, über einem steinernen Brunnen, mit der Inschrift „Gandolph von Kienburg/Cordula Kreutzerin“. |
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1548 |
Erstmals erscheint der Name „Khatingbrunn“ im Auszug der Gülteinlage Gregors, Erbe der Burg. K(h)atting kommt wahrscheinlich von „quatig“ (sumpfig, lehmig), vielleicht ist auch das Dialektwort „gatschig“ davon abzuleiten. |
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1598 |
Hans Georg von Kienburg wird Besitzer der Herrschaft und erwirbt 1625 von Graf Hoyos den adeligen Pflanzhof zu Gainfarn. |
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1637 |
Nach dem frühen Tod seiner beiden Söhne übergibt er das Gut an seinen Schwiegersohn Andreas Wilhelm Freiherr von Brandis, seine Tochter Maria Magdalene starb bereits davor. Das Gut repräsentierte einen Wert von 28.771 Gulden. |
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1645 |
Am Ende des 30-jährigen Krieges (1618 – 1648) flüchten die Bewohner von Teesdorf nach einer Plünderung durch kaiserliche Truppen in die Burg von Kottingbrunn. Die Burg ist in einem ausgezeichneten Zustand, von Mauern und Streitwehren umgeben, ein kaiserliches Patent Leopolds I. zeichnet sie als „Zufluchtstätte“ aus. |
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1683 |
Wahrscheinliche Zerstörung der Burg im Türkenkrieg. Der Besitzer Graf Franz Siegmund von Lamberg flüchtet mit einem Großteil der Einwohner des Ortes in den Stammsitz der Familie nach Ottenstein. Der Vorteil war, dass durch den Auszug viele Einwohner des Ortes überlebten und bei der Rückkehr (das türkische Heer wurde bei Wien vernichtend geschlagen) ein rascher Wiederaufbau der verwüsteten Ortschaft möglich war. Man hatte auch erkannt, dass durch die immer effektiver werdende Artillerie Felsen- oder Wasserburgen nicht mehr sinnvoll waren und so wurde die Burg zu einem repräsentativen Herrensitz umgebaut. |
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1690 |
Errichtung des Hochaltars in der Schlosskapelle, der Bau des Torturms (Uhr- und Glockenturm) wird 1695 abgeschlossen, es beginnt der Umbau des Parks zu einer barocken Gartenanlage, Alleen, Ziergärten und auch die Orangerie werden angelegt. |
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1706 |
Leopold Josef von Brandis stirbt und hinterlässt seinem Sohn Karl Josef ein intaktes Schloss, aber auch eine durch die Renovierungskosten entstandene drückende Schuldenlast, er verkauft deswegen an Graf Camillo von Colloredo und Wallsee. Von 1751 bis 1820 erfolgen mehrere Besitzerwechsel. |
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1820 |
Peter Ritter von Bohr wird Besitzer. Er war der Mitbegründer der „Donau Dampfschifffahrtsgesellschaft“ und der „Österreichischen Spar-Cassa“. Er war erstaunlicherweise auch einer der begabtesten Banknotenfälscher seiner Zeit und stellte diese in bisher unerreichter Qualität her. Bohr stirbt 1847 und wird in der hiesigen Familiengruft unter reger Anteilnahme der Bevölkerung bestattet. Er war offensichtlich ein beliebter Herr. Er war wohl die schillerndste Persönlichkeit der Besitzer der Herrschaft Kottingbrunn. Es folgt eine mehrmalige Abfolge von Besitzern. |
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1894 |
Der Wiener Jockeyclub kauft die Anlage. Der Plan ist die Errichtung einer Pferderennbahn, für die Kottingbrunn noch in ganz Europa berühmt werde sollte. |
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1932 |
Oswald Weiss kauft um 460.000 ÖS. (Er wird nach dem „Anschluss“ an das Deutsche Reich 1938 aufgrund seiner jüdischen Abstammung enteignet und flieht nach Argentinien). Eine kommissarische Verwaltung setzt ein. Ab 1941 wird die Berliner Firma „Wolle- und Tierhaare AG Wotirag“ untergebracht. |
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1945 |
Die russische USIA (Betriebs- und Handelsgesellschaft der Besatzungsmacht) übernimmt das Schloss und verpachtet an Johann Pichler (Gärtnerei). |
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1957 |
Rückstellung an Familie Weiss und Verkauf von einzelnen Gebäuden an mehrere Interessenten, u.a. Familie Schneider, Franz Zöchling und Dr. Markowetz. Diese Trakte werden im Volksmund heute noch nach diesen Familien benannt. |
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1981 |
Heinrich und Rosalia Jezek kaufen das Hauptgebäude. Auf ihre Initiative beginnt die Restaurierung. Mit Sachkenntnis und großen finanziellen Opfern retten sie das Schloss vor dem Verfall. Familie Jezek betreibt auch ein ausgezeichnetes Restaurant im Schloss. |
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1991 |
kauft die Gemeinde Kottingbrunn das Hauptgebäude, in weiterer Folge auch die Wirtschaftsgebäude und setzt die Renovierung fort. |
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1991 und 2010 |
Zwischen 1991 und 2010 hat sich das Wasserschloss Kottingbrunn durch Sanierungsmaßnahmen, die von der Gemeinde mit finanzieller Hilfe des Landes NÖ durchgeführt wurden, wieder zu einem sehenswerten Gebäudekomplex entwickelt. Durch die Vielfalt an Einrichtungen und Veranstaltungsmöglichkeiten im Wasserschlossareal hat sich dieses als Ortszentrum etablieren können. |
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2018 |
erfolgte die Renovierung des Markowetztraktes, sowie die Neuerrichtung des ehemaligen Verbindungstraktes zwischen Markowetztrakt und Kulturwerkstatt und die Neugestaltung des Schlosshofes. |
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Quelle: Joachim Künzel - von Einst ins Jetzt 2010
Brunnen im Schlossareal
Schlossbrunnen
Der Brunnen wurde während der Bauarbeiten im Zuge der Neugestaltung des Schlosshofes 2018 im Wasserschloss zufällig gefunden. Das Bundesdenkmalamt datiert den Bau auf das Ende des 17. Jahrhunderts. Der Brunnen wurde als Pfahlbau ausgelegt und später aufgemauert. Er wird vom Schlossteich gespeist und wurde auch über all die Jahre unwissentlich von der Kulturszene genutzt.
Römerbrunnen
Dieser Römische Brunnen wurde 2006 im Rahmen archäologischer Ausgrabungen im Bereich zwischen Bahnhof und Schlosspark entdeckt. Dieser großartige Fund war Teil der Wasserversorgung der Villa rustica, des römischen Gutshofes von Kottingbrunn. Der Brunnen bestand aus einem runden, 2 m tiefen, mit Lehm, Schotter, Steinen und Tonscherben verfüllten Brunnenschacht, der zum Zeitpunkt der Ausgrabungen nicht mehr wasserführend war. Da der Brunnen am Fundort nicht erhalten werden konnte, wurde dieser in den Schlosshof transferiert und originalgetreu wiederaufgebaut.